Insights – Eigenmarken
06. Februar 2024„Wir haben ein Momentum für unsere Eigenmarken geschaffen“
Herr Bresler, im Einzelhandel haben Eigenmarken aufgrund von Faktoren wie der gestiegenen Inflation stark an Relevanz gewonnen. Gilt das auch für den Großhandel und unsere B2B-Kunden?
Jens Bresler: Ja, ich würde sagen, im Großhandel ist dieser Trend nicht weniger sichtbar als im Einzelhandel. Im Allgemeinen sind die Kunden preissensibler geworden, und das gilt auch für unsere professionellen Kunden. Die Inflation ist ein offensichtlicher Faktor für diesen Wandel, da die Produktions- und Verpackungskosten erheblich gestiegen sind, was wiederum die Lebensmittelpreise in die Höhe treibt. Darüber hinaus müssen unsere gewerblichen Kunden auch mit den steigenden Energie- und Personalkosten in ihren Betrieben fertig werden. Daher müssen sie verstärkt auf das Preis-Leistungs-Verhältnis achten, um ihr Geschäft rentabel zu halten. Hier bieten unsere eigenen Marken eine sehr attraktive Lösung für sie und können ihnen so helfen, wettbewerbsfähig zu bleiben.
Die wachsende Preissensibilität ist also der Hauptgrund für den Bedeutungszuwachs?
Der Preis ist nur ein Faktor. Unsere Kunden schätzen vor allem die Tatsache, dass wir unsere Eigenmarkenprodukte auf Basis ihrer spezifischen Bedürfnisse entwickeln – gemäß unseres Mottos „Produkte mit Profis für Profis“ zu entwickeln. Dadurch unterscheiden wir uns vom klassischen Einzelhandel und das macht uns zum enger Partner für unsere Kunden. - Und ebenso macht dies unsere Produkte unverwechselbar und fördert effektiv die Kundenbindung.
Wie wirkt sich dieser Trend auf die einzelnen Eigenmarken aus?
METRO Chef ist mit Abstand die größte Eigenmarke für unsere Kunden im Gastgewerbe und macht über 40 % des Gesamtumsatzes der Eigenmarken aus. Die zweitgrößte Marke ist aro, das Preiseinstiegssortiment. Unsere Gastronomiekunden entscheiden sich beim Kauf von Lebensmitteln typischerweise für METRO Chef, egal ob es sich um Fleisch, Speiseöl, Pommes frites oder andere Lebensmittel handelt. Gleiches gilt für METRO Professional in den Kategorien Non-Food und Near-Food (Reinigungsmittel, Waschmittel, Hygiene usw.). Aber für kleine Fast-Food-Betriebe ist auch aro als Preiseinstiegsangebot eine wichtige und zuverlässige Marke. Entsprechend entwickeln sich alle unsere Eigenmarken mit ihren jeweiligen Profilen gut und erfüllen die entsprechenden Kundenbedürfnisse. METRO Chef ist aber unsere klare Kernmarke für Kunden aus dem Gastgewerbe, die auch unseren strategischen Fokus bildet.
Im Rahmen der METRO Wachstumsstrategie soll der Umsatzanteil der Eigenmarken bis 2030 auf 35 % steigen. Sind Sie mit dem Wachstumstempo zufrieden?
Wir sind mit den Fortschritten zufrieden und haben im letzten Geschäftsjahr bereits einen Umsatzanteil von 22 % erreicht (Stand: 30. September 2023). So hatten Eigenmarken in der Unternehmensstrategie schon immer eine große Bedeutung, jedoch stieg deren Umsatzanteil in der Vergangenheit über länger Zeit nicht über 17 %. Deshalb haben wir einige wichtige Initiativen gestartet, um den Verkaufsanteil nachhaltig zu steigern und wir haben in den letzten zwei Jahren mit einer jährlichen Umsatzsteigerung von mehr als 1 Mrd. € auch sichtbare Fortschritte erzielt. Deshalb sind wir zuversichtlich, dass wir unser ehrgeiziges Ziel bis 2030 auch erreichen werden.
Was sind die erwähnten Initiativen, die dieses Wachstum vorantreiben?
Ich denke, der wichtigste Faktor ist, dass es uns gelungen ist, Eigenmarken als strategisches Thema im gesamten Unternehmen zu etablieren, unabhängig davon, in welchem Land oder in welcher Funktion man arbeitet. Das ist von entscheidender Bedeutung, denn letztendlich sind wir es alle zusammen, die unsere Eigenmarken erfolgreich machen. Gemeinsam haben wir ein Momentum und eine gemeinsame Überzeugung für die Relevanz und Kompetenz unserer Eigenmarken geschaffen. So bringen sie eine höhere Rentabilität und sorgen für eine stärkere Kundenbindung. Eine wichtige Initiative, die diese Dynamik unterstützt, ist zudem, dass wir unseren Außendienstteams für ihre Kundenbesuche Eigenmarkenmuster zur Verfügung stellen. Denn wir wissen, dass es nichts Überzeugenderes gibt, als ein Produkt selbst zu sehen, anzufassen, zu riechen und zu schmecken. Und die Ergebnisse zeigen, dass ein Kunde, der unsere Eigenmarkenprodukte einmal ausprobiert hat, mit großer Wahrscheinlichkeit ein dauerhafter Kunde wird.
Gilt das für Kunden aus der Gastronomie ebenso wie für Händler?
Im Rahmen unserer sCore Strategie konzentrieren wir uns sehr stark auf Kunden aus der Gastronomie und unsere Eigenmarken METRO Chef für Lebensmittel und METRO Professional für Non-Food sind speziell auf die Bedürfnisse dieses Segments ausgerichtet. Und diese Strategie zahlt sich auch aus, denn der Großteil unseres Umsatzwachstums wird von dieser Kundengruppe getragen. Für das Händlersegment, in dem die Kunden traditionell preissensibler sind, zielt unsere Eigenmarke Fine Life, die wir in Bezug auf Sortiment und Preisgestaltung kontinuierlich weiterentwickeln, um auch diesen Kunden wettbewerbsfähige Lösungen zu bieten. Dies ist insbesondere für unsere Franchisepartner in den osteuropäischen Ländern von großer Bedeutung.
Und wie steht es um die Akzeptanz der Eigenmarken, wenn man auf die verschiedenen Vertriebskanäle wie stationäre Märkte und Belieferung (FSD) schaut?
Wir entwickeln uns mit den Eigenmarken in den stationären Märkten sehr solide, und sie werden weiterhin als wichtiges Fundament dienen. Da für uns gleichzeitig aber die Belieferung immer wichtiger wird, planen wir, die Kunden in diesem Bereich noch stärker anzusprechen. Ein Beispiel dafür ist eine engere Zusammenarbeit mit den FSD-Spezialisten innerhalb unseres Unternehmensportfolios, die nicht unter der Marke METRO agieren. Gemeinsam versuchen wir, die METRO-Eigenmarken in ihr Sortiment aufzunehmen, um Synergien zu nutzen, aber auch, um Expertise bei der Belieferung von größeren Gastronomieketten zu gewinnen. Ich bin mir sicher, dass sowohl METRO als auch die Kunden von einer solchen Zusammenarbeit profitieren werden, und zugleich wird dadurch der Eigenmarkenabsatz unter Multi-Channel-Gesichtspunkten weiter vorangetrieben.
Bei der Großhandelsstrategie von METRO geht es in erster Linie um Vereinfachung und Effizienzsteigerung für uns und unsere Kunden. Wie tragen die Eigenmarken dazu bei?
Die Optimierung unserer Eigenmarkenverpackungen ist ein wichtiger Pfeiler und eine Priorität bei unserem Ziel, die Produktivität zu steigern und Kosten zu sparen, was ganz klar auch den Kunden zugutekommt. So nehmen optimierte Verpackungen weniger Platz auf der Palette und beim Transport ein, was Vorteile in der Lieferkette und bei der betrieblichen Effizienz mit sich bringt. Denn in einem Markt oder Belieferungsdepot lassen sich die Regale durch eine optimierte Verpackung schneller und besser wieder auffüllen. Hier gelten im Wesentlichen zwei Richtlinien – zum einen - „kein Messer“ für das Öffnen von Kartons und zum anderen „10 Sekunden von der Palette bis zum Regal“ bei der Befüllung von Nachschub. Deshalb haben wir so genannte „Shelf-Ready“-Verpackungen eingeführt, die die Arbeit im Markt deutlich erleichtern.
Prozess der Eigenmarkenentwicklung
Wie werden Eigenmarkenprodukte bei METRO entwickelt? Welche Schritte sind nötig, damit ein METRO Chef Artikel Gestalt annimmt und regalreif wird? Am Anfang steht immer eine gründliche Analyse der Kundenbedürfnisse wie ein attraktives Preis-Leistungs-Verhältnis, das für gewerbliche Kunden immer relevanter wird, und eine Verpackungsspezifikation, die sich von der des Einzelhandels unterscheidet. Darüber hinaus spielen spezifische Produkteigenschaften, die das bestehende Marktangebot ergänzen, eine wichtige Rolle bei der Produktentwicklung. Durch die Berücksichtigung dieser großhandelsspezifischen Aspekte, gepaart mit neuen Marktkenntnissen, ist METRO in der Lage, Eigenmarkenlösungen zu entwickeln, die unterschiedliche Kundengruppen effektiv ansprechen.
Bei der Suche nach den richtigen Beschaffungspartnern und -standorten stützt sich METRO auf sein globales Netzwerk kompetenter und vertrauenswürdiger Produzenten. Ziel ist es, langfristige Lieferpartnerschaften zu knüpfen, die den Anforderungen an Qualität, Nachhaltigkeit, Volumen und Logistik entsprechen. Da METRO in mehr als 20 Ländern Großhandelsmärkte betreibt, werden dabei immer mehr Eigenmarkenprodukte zentral beschafft, um verschiedene lokale Märkte mittels grenzüberschreitender Logistik zu beliefern. Das schafft sowohl Synergien bei der Beschaffung als auch beim Prozess- und Qualitätsmanagement. Der Aufbau einer neuen Beschaffungspartnerschaft umfasst häufig auch eine Überprüfung und Zertifizierung des Lieferanten vor Ort, um die vollständige Einhaltung der strengen Beschaffungsprotokolle von METRO sicherzustellen.
Bevor ein Eigenmarkenprodukt in die Produktion geht, testen Köche die Produkte für die professionelle Küche sowohl im Food- als auch im Non-Food-Sortiment, um eine fachkundige Beurteilung in Bereichen wie Qualität, Haltbarkeit, Benutzerfreundlichkeit und Verpackung zu gewährleisten. Auf diese Weise kann METRO seine Eigenmarkenlösungen weiter verfeinern und anpassen, um seinen Kunden Produkte mit einem optimalen Mehrwert und Komfort zu bieten.
Schließlich wird die logistische Abwicklung entweder von den Herstellern selbst oder von Drittanbietern übernommen, nachdem die entsprechenden Bestellungen der Länder aufgegeben wurden. Dabei werden die Produkte je nach Vertrag und lokaler Lieferkette entweder an METRO Zentralläger oder direkt an die einzelnen Großhandelsmärkte geliefert.